Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

13. Mai 2014, 17:00 Uhr

0097

Erika Giovanna Klien*

(Borgo/Südtirol 1900 - 1957 New York)

„Das Leben der Sonnenblume“
um 1936
Aquarell auf Karton
48,5 × 34 cm

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Literatur

Marietta Mautner Markhof, Erika Giovanna Klien, Wien 1900 - 1957 New York, Katalog Gemäldegalerie Michael Kovacek, Wien 2001, Kat.-Nr. 12, Abb. S. 47

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 15.840 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Erika Giovanna Klien, die bekannteste Vertreterin des Wiener Kinetismus, schuf Bilder, die den schnellen Rhythmus des modernen Lebens wiederspiegeln. Ihr ging es um die Darstellung von Bewegung (griech. Kinesis = Bewegung) als aktive und formgebende Kraft, als räumliches und zeitliches Phänomen. Die starren Regeln der Bildtradition sind in ihren Werken verabschiedet. Es gibt keine Hierarchie der Bildelemente, keine Raumordnung im zentralperspektivischen Sinne. Angestrebt wird vielmehr eine „simultanistische Bildstruktur“, wo alles gleichwertig und gleichzeitig erscheint und einer ryhthmischen Ordnung folgt, welche die gesamte Bildfläche dynamisiert.
Das hier präsentierte Bild "Das Leben der Sonnenblume" widmet sich der Analyse pflanzlichen Wachstums. Das Werden des Lebens in der Natur wird im rhythmischen Zusammenspiel von Farben und Formen, die in einer fortlaufenden kreisenden Bewegung miteinander verwoben sind, symbolisiert: vom Aufblühen der Knospen links unten über die Blütenentfaltung am oberen Bildrand bis zur Reifung der Sonnenblumenkerne, die unten in einem geordneten Muster fallen, bleibt die pflanzliche Entwicklung trotz aller Stilisierung der Formen gegenständlich lesbar.

1900 im Trentino als Tochter eines Bahnbeamten geboren, besuchte Erika Giovanna Klien ab 1919 den Kurs für ornamentale Formenlehre an der Kunstgewerbeschule in Wien bei Franz Cizek. In der Cizek-Klasse kam es zur Rezeption des Expressionismus, Kubismus und Futurismus, nicht zuletzt aber auch zur Ausbildung des Kinetismus, der gerne als „Wiener Spielart des Futurismus“ umschrieben wird.

Mit dem Kinetismus gelang Wien für kurze Zeit der Anschluss an die internationale Avantgarde. Auch wenn die Ausstellungen der Cizek-Klasse in Wien selbst keine breite öffentliche Resonanz fanden. In den USA begegnete man den Kinetisten, die ihre Kunst ab 1923 in mehreren nordamerikanischen Städten präsentierten, schon früh mit regem Interesse. So war Erika Giovanna Klien 1926 in der „Brooklyn Exhibition“, einer der wichtigsten Ausstellungen der internationalen Avantgarde dieser Jahre in New York, vertreten und verkaufte mehrere Arbeiten. Klien entschied sich 1929 gegen Wien und für die Emigration nach Amerika. Sie starb 1957 in New York.

Es sollte aber noch Jahre dauern, bis Klien und der Kinetismus wieder in die österreichische Kunstgeschichte integriert wurden. Denn auf die kurze Blüte der Kunstströmung von 1919/20 bis etwa 1926 folgten Jahrzehnte des weitgehenden Vergessens. Erst als der Architekturstudent Bernhard Leitner bei der Witwe von Leopold Wolfgang Rochowansky 1964 Arbeiten von Erika Giovanna Klien sah, wurde die Geschichte der Wiederentdeckung der Künstlerin eingeleitet. 1975 fand die erste Klien-Ausstellung in Wien in der Galerie von Michael Pabst statt, der ein Jahr zuvor den Rochowansky-Nachlass erworben hatte. Zehn Jahre später zeigte Michael Papst dann in seiner Münchener Galerie die große Schau „Wiener Kinetismus. Erika Giovanna Klien“. Erst 1987 war schließlich im Museum moderner Kunst in Wien eine Personale der Künstlerin zu sehen.
(CMG)