Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

13. Mai 2014, 17:00 Uhr

0047

Max Slevogt

(Landshut 1868 - 1932 Neukastel)

„Bildnis Else Schiffer“
1906
Öl auf Karton
40 × 27 cm
Signiert, datiert und gewidmet links unten: s/l (seinem lieben) G. Hempel, Slevogt 06

Provenienz

Gustav Hempel, Berlin; Galerie Schlichtenmaier, Grafenau; Privatbesitz; Sotheby's, London, Auktion am 06. 10. 1999, Lot 231; ehemals Sammlung Leopold

Literatur

Hans-Jürgen Imiela, Max Slevogt, Karlsruhe 1968, S. 379, Nr. 33 (o. Abb.); Robert Breyer und die Berliner Secession. Sammlung Rolf Deyhle I. 1992-1994, Katalog Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schleswig 1992, Kat.-Nr. 33

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Auktion ist beendet.

Else Schiffer, geborene Knopf, war eine Dame der guten Berliner Gesellschaft.
Sie war mit dem Kinderarzt Fritz Schiffer verheiratet und äußerst musikalisch, spielte Klavier und sang. Durch Heirat der Tante ihres Mannes mit Louis Cassirer, war die Familie Schiffer mit dieser bedeutenden deutschen Industriellenfamilie verbunden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Kontakt zu Max Slevogt durch Paul und Bruno Cassirer hergestellt wurde. Die beiden Söhne des Unternehmers hatten 1898 gemeinsam die „Bruno & Paul Cassirer Kunst- und Verlagsanstalt gegründet“. Kurz darauf lernten sie auch Max Liebermann und Max Slevogt, der 1901 von München nach Berlin übersiedelt war, kennen und wurden fortan zu Förderern des deutschen Impressionismus, der mit der Gründung der Berliner Secession Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland weite Verbreitung fand. Else Schiffer wurde 1941 nach Lodz deportiert und starb im Konzentrationslager Kulmhof. Im Gedenken an sie gibt es in Berlin einen Stolperstein (im Boden eingelassener Gedenkstein) an ihrem ehemaligen Wohnort in Charlottenburg und auch in Yad Vashem, der Gedenkstätte an den Holocaust in Jerusalem, findet sich ihr Namen.

Es gibt eine weitere Version des Bildnisses Else Schiffer aus dem Jahre 1906, die sich in Privatbesitz befindet, und malerisch bei weitem nicht so aufgelockert ist wie vorliegende Fassung. Der spontane Farbauftrag und die mit wenigen Pinselstrichen erfassten Formen, machen aber genau den Reiz dieses Bildes aus. Die Portraitmalerei hat Slevogt, ein begnadeter Landschaftsmaler, ab 1902 verstärkt für sich entdeckt. Auch hier malt er seine Modelle oft im Freien, da das Spiel mit den zahlreichen Lichtreflexen in der freien Natur eine reizvolle Herausforderung für ihn darstellt. Die Lokalfarbe und die Plastizität werden dem Licht untergeordnet, allerdings erreicht Slevogt diesen Effekt durch das Aufhellen der Lokalfarbe und nicht wie die französischen Impressionisten durch das Umwandeln in Erscheinungsfarben, die ja die Farbreflexe der Umgebung miteinbeziehen und so oft stark von der tatsächlichen Farbe des Objektes abweichen. Das Ziel ist es, ein unabhängiges Bildlicht zu schaffen, dem das Stoffliche untergeordnet wird. Slevogt malt in hellen und lichten Nuancen, um die unendliche Bewegung der Luft und des Lichts darzustellen. Dabei wird seine Malerei immer lockerer und aufgelöster, er selbst bezeichnet sich als „Maler des Unfertigen“ (Siegfried Wichmann, Realismus und Impressionismus in Deutschland, Stuttgart 1964, S. 28). Der Künstler unterscheidet dabei zwischen offiziellen und privaten, inoffiziellen Arbeiten, bei denen er nicht gezwungen ist, „fertig“ zu malen und es ihm möglich ist, „die innere Schau in einer Geschwindschrift auf der Bildfläche festzuhalten“ (s.o., S. 28). Insofern ist diese Version der Else Schiffer wohl die inoffizielle Variante des Porträts und offenbart uns die wahrhaftigere Seite des Künstlers, jene, in der er in seiner Malerei ganz er selbst sein konnte.
(Sophie Cieslar)