Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

13. Mai 2014, 17:00 Uhr

0122

Keith Haring*

(Kutztown 1958 - 1990 New York)

„Retrospect“
1989
Farbsiebdruck auf Karton
115 × 208 cm
Signiert und datiert rechts unten: K. Haring 89
Auflage: 6/75

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Literatur

Littmann Klaus (Hg.), Keith Haring. Editions on Paper 1982-1990. Das druckgrafische Werk, 2. Aufl., Stuttgart 1993, Abb. 120-121.

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 66.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

„Ich war immer davon überzeugt, dass man das Leben in vollen Zügen und so umfassend wie möglich genießen sollte – und dass man mit dem, was die Zukunft bringt, eben zurechtkommen muss. Eigentlich dachte ich immer, ein langes Leben ist ein Geschenk – und man hat das Glück, wenn man es bekommt. Aber man kann sich nicht einfach darauf verlassen.“ (Andy Warhol, in: Jeffrey Deitch, Suzanne Geiss, Julia Gruen, Keith Haring, München 2008, S. 9)

„Retrospect“ entsteht 1989 ein Jahr nach der AIDS-Diagnose und im Jahr vor dem frühen Tod von Keith Haring. So kann man es wohl auch als Rückblick auf ein zwar viel zu kurzes, aber bewegtes Leben deuten. In Kutztown, Pennsylvania, geboren, kommt Haring 1978 nach New York. Erste öffentliche Aufmerksamkeit erreicht er 1980 mit seinen Graffiti Zeichnungen auf schwarzen Plakatwänden in der U-Bahn. Die einfachen, reduzierten Figuren haben einen hohen Wiedererkennungswert und bald spricht ganz New York von diesem jungen Künstler. Das Arbeiten im öffentlichen Raum entspricht ganz Harings Credo, dass Kunst für alle da sein soll, dass die Öffentlichkeit ein Recht auf Kunst hat: „Ich möchte Kunst machen, die von so vielen Individuen wie möglich erfahren und erkundet werden kann, mit ebenso vielen individuell verschiedenen Ideen zu dem jeweiligen Werk, das keine endgültige Bedeutung vorgibt. Der Betrachter schafft die Realität, die Bedeutung, die Wahrnehmung des Werkes.“(Keith Haring, Tagebucheintrag 14. Oktober 1978, in: s.o., S. 13) Harings Kunst ist zwar figurativ aber auch gleichzeitig abstrakt, er überzieht seine Bildflächen wie mit Mustern und setzt bewusst einen reduzierten Formenkanon ein.
In den frühen 1980er Jahren entstehen auch das „Radiant Baby“, ein mit einem Strahlenkranz umgebenes, oft krabbelndes Wesen, und - in Anlehnung an die Erschießung John Lennons vor dem Dakota Building in New York - der Mann mit dem Loch im Bauch. Die Strahlen nennt Haring „Energiewellen, die alles, was sie treffen, mit dieser Energie füllen.“ (Keith Haring, Tagebucheintrag 14. Oktober 1978, in: s.o., S. 15). Seine Figuren sind nonverbale Symbole, eine Vereinigung aus primitiver Kunst und Pop Art, zu deren wichtigem Vertreter der Künstler zählt. Haring ist neben Andy Warhol und Jean Michael Basquiat eine fixe Größe in der New Yorker Kunstszene, Stammgast im legendären Studio 54 und in Warhols Factory und findet bald wichtige Galeristen wie Tony Shafrazi, die ihn ausstellen und fördern.

„Retrospect“ ist wie eine Bildfolge in Comics oder wie eine Bildgeschichte angelegt. Keith Haring denkt und malt in Gedichten, die einzelnen Bilder können nicht nur als Bilder sondern auch als Worte gelesen werden. Er vereint sein in Jahren erarbeitetes Formenvokabular in diesem Bild und erzählt uns so die Stationen eines bewegten Lebens. (Sophie Cieslar)