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Auction: 19th Century Paintings

12. October 2004

0015

Ferdinand Georg Waldmüller

(Wien 1793 - 1865 Helmstreitmühle bei Mödling)

Das Ende der Schulstunde

Estimate: € 0 - 1.400.000
Result: € 1.084.000 (incl. fees)
Auction is closed.

Ferdinand Georg Waldmüller
(Wien 1793 - 1865 Helmstreitmühle bei Mödling)
Das Ende der Schulstunde
Öl auf Holz
79,5 x 62,3 cm
Signiert und datiert links unten: Waldmüller 1843

Es handelt sich hier um die auch von Rupert Feuchtmüller vermutete zweite Fassung (von dreien), die auch die Grundlage des Stiches von Tommaso Benedetti war.

Literatur:
L. Fürstedler, Der Wiener Zuschauer, 1843, S. 845
E. Melly, Frankls Sonntagsblätter, Nr. 20, Beilage vom 14.5.1843, S. 475
C. v. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 52, Wien 1885, S. 195 (Jahresausstellung der k.k. Akademie der bildenden Künste bei St. Anna in Wien, 1843, "Ende der Schulstunde")
A. Roessler/G. Pisko, F. G. Waldmüller. Sein Leben, sein Werk, seine Schriften, 2 Bde., Wien 1907, Abb. 192 ("Ende der Schulstunde", nach Waldmüller gestochen von Thomas Benedetti 1847)
F. v. Boetticher, Malerwerke des Neunzehnten Jahrhunderts, Bd. II/2, S. 968, Nr. 46 ("Das Ende der Schulstunde", Gest. von Thomas Benedetti, gr.fol., Wiener KA 43)

Porträtfoto: F.G. Waldmüller

Waldmüller wird 1793 als einziges Kind eines „Bedienten“, der sich später als Wirt selbständig macht, geboren. In der Familie gibt es durchaus künstlerische Bezüge: Der Vater versuchte, 1773 in die Akademie aufgenommen zu werden, unter den Vorfahren der Mutter befinden sich Goldschmiede und Maler.
Ab 1807 besucht Waldmüller die Akademie in Wien. Danach ist er Zeichenlehrer in Zagreb.
1814 heiratet er die Schauspielerin Katharina Weidner und richtet sich in Baden als Theater- und Porträtmaler ein. Zwei Jahre später übersiedelt die Familie nach Wien, Waldmüller wird Kopist der Werke Alter Meister. Als er 1822 erstmals in St. Anna ausstellt, begründet dies seinen Ruf als Porträtmaler. Damals entstanden auch erste Genrebilder. 1829 wird er zum Ersten Kustos an der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste ernannt.
Bei einer Reise nach Paris lernt er die neue Malerei kennen, was entscheidenden Einfluss auf sein Schaffen hat. Er beginnt sich intensiv mit der Landschaft zu beschäftigen. Aber ob bei den Landschaften, beim Porträt, beim Stilleben oder Genre, überall treibt er seine Meisterschaft voran. 1835 wird er zum Akademischen Rat ernannt.
Doch gegen Ende der 30er Jahre, am Höhepunkt seiner Karriere, beginnen die Probleme: Man wirft ihm vor, dass „das Malen nach der Natur mit der Unterrichtsmethode der Akademie unvereinbar“ sei. Waldmüller reagiert empört. Doch es ist voraussehbar, dass er den Kampf gegen die Bürokraten verlieren wird.
Er zieht sich zurück. Er malt. Und er geht unbeirrt seinen Weg, bemüht sich weiter um eine Reform der akademischen Ausbildung – mit der Betonung auf dem Studium der Natur, dem Arbeiten vor dem Motiv. 1848 erscheinen seine Vorschläge als Schrift. Von da an darf er keine Schüler mehr unterrichten. Schließlich entzieht man ihm auch das Atelier.
Trotzdem geht es ihm recht gut. Er heiratet ein zweites Mal. Wunderbare Bilder entstehen. Die Anerkennung im Ausland wächst. Bei der Weltausstellung in Paris werden alle seine Bilder verkauft. Sogar Napoleon III erwirbt einen „Waldmüller“. Als er 31 Gemälde, die sich auf dem Weg nach Philadelphia befinden, im Londoner Buckingham Palast ausstellt, werden alle verkauft. Diese frühe Anerkennung spiegelt der Markt noch heute. Die Präsenz in vielen öffentlichen Sammlungen schaffen ihm eine internationale Nachfrage, in London ebenso wie in Paris oder New York.
Mitte der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts veröffentlicht Waldmüller eine Streitschrift, in der er seine Reformvorschläge erläutert. Er geht dabei so weit, die Abschaffung der Akademie zu fordern. Waldmüller wird umgehend suspendiert und mit halbem Gehalt in Zwangspension geschickt. Aber der Erfolg als Künstler bleibt ihm treu. Als man ihm – als kleine Wiedergutmachung – das Ritterkreuz verleihen will, lehnt er ab. Erst nach einer Privataudienz beim Kaiser nimmt er den Orden an, die Zwangskürzung seiner Pension wird als Gnadenakt aufgehoben. Freilich sollte er sich nicht lange daran erfreuen können: 1865 stirbt einer der bedeutendsten österreichischen Künstler des 19. Jahrhunderts.

"Mit pedantischem Ernste, den Finger drohend erhoben, steht der Dorfschulmeister an der Thüre des ärmlichen und kleinen Schulhauses, und läßt sich von den paarweise durch die Pforte passierenden Kindern ehrfurchtsvoll die Hand küssen. Aber kaum ist das junge Völkchen einen Schritt vor der Schulpforte, so überläßt es sich dem nun so lange zurückgehaltenen Strome seiner kindischen Neigungen und Leidenschaften; und in der Auffassung und Darstellung der letzteren bewies eben der Maler seine ausgezeichnete Befähigung. Zwanzig bis dreißig Kinderköpfe, jeder mit einem anderen Ausdruck, sind keine kleine Aufgabe; hier ein kleiner Gladiator der mit antiker Ruhe den zu seinen Füßen hingestreckten Gegner am Schopfe hält, während ein erschrockenes Mädchen die Kämpfenden zu trennen sucht; dort eine Gruppe von Neugierigen, die sich alle dehnen und strecken, um einen Fleißzettel zu sehen, den ein in der Mitte stehendes Mädchen ihren Gespielen vorweist; da wird ein weinender Knabe, von einem Mädchen getröstet, den minder weichherzige Schulgenossen verhöhnen und verlachen: dies sind ungefähr die Hauptgruppen des trefflichen Bildes, das übrigens mit ungemeiner Liebe, und seltenem Fleiße bis in die kleinsten Details ausgeführt ist." (L. Fürstedler, Der Wiener Zuschauer, 1943, S. 845)

"Waldmüller hatte sich mit diesem Bild tatsächlich keine leichte Aufgabe gestellt. Zunächst mußte diese figurenreiche Komposition - es sind fast 30 Kinder, also wirklich eine ganze Schulklasse - entsprechend gegliedert und dann abwechslungsreich belebt werden. Das Schulgebäude, mit dem großen offenen Tor und dem Breiterker links, schafft die erste Ordnung. Am Tor steht der Lehrer, der für einen ruhigen Abgang seiner Schüler sorgen möchte. Unter dem Erker, bei einer blühenden Rosenhecke, sehen wir einen gütigen alten Mann, der diesem bewegten Treiben der Kinder, anscheinend von Erinnerungen bewegt, lächelnd zusieht. Auf der anderen Seite des Schultores steht ein Knabe, der den Hut zieht und damit anzeigt, worum es eigentlich geht: hinaus in die Freiheit. Nun aber wird gleichsam rückgeblendet; die Ereignisse der Schule wirken nach. Hier der Schmerz über Mißerfolge, dort die Freude über Anerkennung, aber auch ein Streit, der nun endlich ausgetragen werden kann. Um diese wesentlichen Ereignisse gruppiert Waldmüller seine Kinderschar. Im Dunkel des Schultores sieht man die bereits erwachsenen Mädchen, sittsam gereiht, herauskommen. Der entscheidende Einfall bestand darin, die Kinder zu Trägern der Handlung zu machen. Anmut, Naivität, freie, ungezwungene Lebendigkeit waren damit gegeben. So konnte es bei Unterreichtsschluß wirklich gewesen sein; in der Darstellung wohl etwas übersteigert, doch ohne falsche Sentimentalität. Waldmüller hatte mit diesem Bild die Welt der Kinder entdeckt, der dieser oft so strenge, kritische Mann mit besonderer Liebe zugetan war. (R. Feuchtmüller, F. G. Waldmüller. Leben - Schriften - Werke, Wien-München 1996, S. 130)

"Wer vor dem Bilde Waldmüllers "Das Ende der Schulstunde" nicht heiter gestimmt wird der mache sein Testament und lege sich hin. Alle Leiden und Freuden der Schulstunde, alle ihre kleinen Leidenschaften und Ränke, Neckereien und Bosheiten, ihr Lieben und Hassen - sind in diesem Bilde mit einer Wahrheit, Liebe, mit einem Verständnisse und einer Ganzheit dargestellt, die wahrhaft unübertrefflich genannt werden muß." (Eduard Melly, zeitgenössischer Kritiker)