Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

25. Juni 2020, 14:00 Uhr

1216

Leopold Blauensteiner

(Wien 1880 - 1947 Wien)

„Bildnis der Frau F. B.“
1908
Öl auf Leinwand
160 x 160 cm
Signiert und datiert links unten: Blauensteiner 1908
Verso auf Keilrahmen sowie auf altem Etikett eigenhändig bezeichnet: Blauensteiner; Leopold Blauensteiner, VII, Hermanngasse 4 / Wien;
Reste eines alten Etiketts mit Nr. 24 auf Keilrahmen verso

Provenienz

Bel Etage Kunsthandel Wien, direkt von der Familie des Künstlers erworben;
seit 2008 österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

1909 Wien, Internationale Kunstschau, Raum 11, Nr. 6;
1982 Wien, Galerie Walfischgasse, Ausstellung Leopold Blauensteiner, 1.10.-27.11.1982

Literatur

Ausst.-Kat. Internationale Kunstschau Wien 1909, ganzseitige Abb.;
Leopold Blauensteiner, Das frühe Werk. Arbeiten 1899-1909, Galerie Walfischgasse (Hg.), Wien 2017, Abb. S. 160

Schätzpreis: € 80.000 - 160.000
Ergebnis: € 140.800 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das "Bildnis der Frau F. B." zeigt Friderika "Frieda" Berger (geb. 1879), die Ehefrau des Wiener Malers Leopold Blauensteiner, die dieser 1904 heiratete und mit der er drei Söhne hatte. Das großformatige Damenporträt ist nicht nur ein erstklassiges, beeindruckend schönes Hauptwerk des Künstlers, sondern spiegelt auch in besonderem Maße den Zeitgeist der Wiener Moderne und die künstlerischen Anliegen der Secessionisten um Gustav Klimt wider.
Blauensteiner präsentierte das Porträt seiner Gattin 1909 im Raum 11 der "Internationalen Kunstschau". Neben Gustav Klimt, Josef Hoffmann, Koloman Moser, Carl Moll und anderen gehörte Blauensteiner dem Komitee dieser für die frühe Moderne in Wien eminent wichtigen Ausstellung an. Josef Hoffmann hatte auf dem Gelände des heutigen Wiener Konzerthauses ein temporäres Ausstellungsgebäude errichtet. Waren bei der ersten Kunstschau von 1908 ausschließlich österreichische Künstler zu sehen - Gustav Klimt und Josef Hoffmann hatten eine bahnbrechende Leistungsschau jener Künstler, die 1905 aus der Secession ausgeschieden waren, organisiert -, so bot man in der zweiten "Kunstschau" ein Panorama der zeitgenössischen europäischen Avantgarde. Leopold Blauensteiners Gemälde etwa wurde im Katalog der "Internationalen Kunstschau" prominent neben einem Bild Vincent Van Goghs abgedruckt.

Für das großformatige Porträt seiner Frau wählt Blauensteiner das typisch quadratische Jugendstilformat und präsentiert sie in einem modernen, von geometrischen Flächen strukturierten Jugendstil-Ambiente, das die charakteristischen Stilmerkmale der zeitgenössischen Avantgarde zeigt. Das Kleid von Frau Blauensteiner und die schwarze Stola mit den asiatisch inspirierten Stickereien zeigen die modischen Vorlieben der Zeit und den Einfluss der japanischen Ästhetik.

Leopold Blauensteiner begann 1898 als Schüler von Christian Griepenkerl an der Wiener Akademie der Bildenden Künste zu studieren, 1901/02 wurde er Privatschüler von Alfred Roller, der Gründungsmitglied der Wiener Secession und Redakteur der Zeitschrift "Ver Sacrum" war. Roller brachte Blauensteiner in Kontakt mit der Klimt-Gruppe. In "Ver Sacrum", dem offiziellen Organ der Wiener Secession, konnte Blauensteiner 1903 und 1904 erste Farbholzschnitte veröffentlichen. In den Jahren 1903 bis 1905 stellte Blauensteiner Werke in der Wiener Secession aus, dann verließ er diese mit der Klimt-Gruppe und gehörte zu deren Vorstandsmitgliedern. 1908 und 1909 zählte er zum Ausstellungskomittee der "Kunstschau" und war dort mit wichtigen Werken vertreten. 1911 bis 1921 schloss er sich dem "Hagenbund" an. 1927 erhielt er den Österreichischen Staatspreis, 1932 wurde ihm die Staatspreismedaille und der Professorentitel verliehen. 1933 trat er für kurze Zeit der NSDAP bei, dann der Vaterländischen Front. 1937 wurde er Präsident der Genossenschaft bildender Künstler Wiens, 1938 erfolgte seine Wahl zum Präsidenten des Wiener Künstlerhauses. In der NS-Zeit nahm er verschiedene Ämter für das Hitler-Regime an, so wurde er zum Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste in Wien ernannt. Er starb 1947 in Wien.
(Claudia Mörth-Gasser)