Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

01. Dezember 2018, 15:00 Uhr

0034

Hans Bischoffshausen*

(Feld am See/Kärnten 1927 - 1987 Villach)

„Kreuzblume“
1960
Mischtechnik auf Leinen; gerahmt
81 x 60 cm
Rückseitig bezeichnet, datiert und signiert am Keilrahmen: "Kreuzblume" Bischoffshausen 1960
Rückseitig signiert auf der Leinwand: Bischoffshausen
Mehrere Klebeetiketten sowie Nachlassetikett auf der Rückseite

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Ergebnis: € 118.400 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Hans Bischoffshausen
Einführung in persönliche Biographie und künstlerische Entwicklung

Ursprünglich wollte Hans Bischoffshausen Architekt werden und begann daher 1947 ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Graz. Doch sein dortiger Professor für Künstlerische Gestaltung, Kurt Weber, begeisterte ihn für die Malerei der Klassischen Moderne und konstatierte seinem Studenten bald: „Sie sind Maler. Sie werden immer Maler sein“ (zitiert nach: K: Messner: Helene Bischoffshausen. Ein Leben im Sturzflug, in: Die Brücke, 4, 1996, S.8). Tatsächlich brach Bischoffshausen das Architekturstudium nach fünf Semestern ab, zog zurück nach Kärnten und gab sich ganz seinem viel zitierten „Sturz in die Malerei“ (Bischoffshausen 1977) hin. Trotzdem sollte die Architektur stets ein wichtiges Interessengebiet Bischoffshausens bleiben, dem er sich in zahlreichen theoretischen Schriften und in Form von „Kunst am Bau“ widmete.

In seiner künstlerischen Entwicklung reflektierte der junge Maler Anfang der 1950er Jahre intensiv Paul Klee und sein „spielerisches Geheimnis“ (Bischoffshausen 1977). In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts führte die Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Tendenzen und die Suche nach dem eigenen Stil Bischoffshausen über Versuche in gestischer Malerei sowie dripping-Verfahren (à la Jackson Pollock) schließlich zu für ihn zukunftsweisenderen Methoden, in denen er zusehends mit dem Bildgrund selbst experimentierte, verschiedene Materialien auf ihn aufbrachte oder ihn durchlöcherte oder verbrannte. Besonders prägend für diese Entwicklung war für Bischoffshausen das Kennenlernen von Lucio Fontana, der ein wichtiger Förderer und Mentor für den jungen Maler wurde.
Anders als andere (kärntner) MalerInnen seiner Generation (Lassnig, Staudacher, Rainer) hatte Bischoffshausen den Anschluss an die internationale Kunstszene nämlich nicht über Paris gesucht, sondern orientierte sich vorerst an den südlichen Nachbarländern Österreichs. In den Galerien von Slowenien (damals Jugoslawien) und Italien kam Bischoffshausen mit Fontana und der italienischen ZERO-Bewegung in Kontakt und konnte seinen Bekanntheitsgrad durch erste eigene Ausstellungen steigern. In der Folge kam es 1958 auch zu einer Präsentation in der renommierten Galerie nächst St. Stephan in Wien und 1959 erhielt Bischoffshausen den 1. Joanneumspreis für zeitgenössische Kunst des Landes Steiermark.
Finanzielle Einkünfte durch den Preis ermöglichte dem Künstler schließlich doch auch noch den Weg nach Paris. Ende 1959 reiste er erstmals in die französische Metropole, Anfang 1960 holte er seine Frau Helene und die beiden Töchter (geb. 1951 und 1958; eine dritte Tochter, die 1955 geboren wurde, war bereits im Alter von 14 Monaten an den Folgen einer Infektionskrankheit gestorben) nach. Vorstellung und Realität des Pariser Lebens hätten weiter nicht auseinanderklaffen können, wie aus einem Zitat von Helene deutlich wird: „Ich kaufte mir ein Paar Stöckelschuhe mit hohen Absätzen und einen Kaminrock aus rotem Samt im Gedanken an die Weltstadt Paris und landete in diesem Loch.“ (zitiert nach: I. Freytag, G. Trauhsnig: Helene, Stutz und die Kunst, in: Die Brücke, 73, 2006/2007, S. 22). Mit dem „Loch“ meinte sie einen Schuppen in einem Hinterhof des Abbruchviertels „Glacière“ (einem aufgelassenen Kühlhaus), den Bischoffshausen notdürftig „mit Gips, Karton und Wellblech“ (H. Bischoffshausen: Cresyl. Die Sonne der Armen, Klagenfurt 1999, S. 224) für seine Familie ausgebaut hatte. Mehrere Jahre hauste die Familie dort unter schlechtesten Umständen und ständigem Geldmangel.
Auch wenn sich die Wohnsituation ab 1962 verbesserte, war die Geldknappheit Zeit Lebens prägend für Hans Bischoffshausen und seine Familie – und das, obwohl der Künstler in Paris Anerkennung und Anschluss an die Szene fand und vermehrt große öffentliche Aufträge erhielt. Er selbst bezeichnete diese Phase seiner Karriere als ein „Wunder: Trotz aufreibender Gelegenheitsarbeiten spucke ich hunderte von Arbeiten aus. Schon 1961/62 bin ich in einigen Galerien vertreten, gehöre der Gruppe ZERO-AVANTGARDE an und mein wichtigster Abschnitt beginnt.“ (Bischoffshausen 1987) Er stand in regem Austausch u.a. mit Bernard Aubertin sowie dem Kunstkritikter Pierre Restany (der auch für Yves Klein eine wichtige Rolle spielte) und der holländischen ZERO-Bewegung „Nul“ (insbesondere mit Henk Peeters). Bischoffshausen war in bedeutenden Avantgarde-Galerien und international anerkannten Museen vertreten; durch den Einsatz des progressiven Galeristen René Drouin war er in internationalen Gruppenausstellungen von Barcelona bis Istanbul, von Amsterdam bis Neu Delhi präsent. 1965 nahm er an der Ausstellung „Zero avantgarde“ im Studio Fontana in Mailand sowie in der Galleria del Cavallino in Venedig teil.
In diesem für ihn „wichtigsten Abschnitt“ trieb Bischoffshausen die Reduktion seiner Malerei auf die Spitze. Es entstanden ausschließlich monochrome Bilder mit aufgesetzten oder eingeprägten Strukturen, die lediglich durch die Wirkung von Licht und Schatten sichtbar wurden.

1971 entschloss sich die Familie Bischoffshausen zur Rückkehr nach Österreich und ließ sich wieder in Kärnten nieder. Zwei Leiden prägten Bischoffshausens Leben und Schaffen in dieser Zeit zusehends: die allmähliche Zerstörung seines Sehnervs und damit einhergehende nachlassende Sehkraft durch die jahrelange Verwendung von Polychloräthylen und sein schwerer Alkoholismus, der sich bereits seit den Pariser Anfangsjahren bemerkbar gemacht hatte. Hans Bischoffshausen starb am 19. Juni 1987 im Alter von 60 Jahren im Landeskrankenhaus Klagenfurt.

(Clara Kaufmann)

Mit der „Kreuzblume“ haben wir ein Werk Bischoffshausens vor uns, das in vielerlei Hinsicht exemplarisch für seine Anfangszeit in Paris steht. Zu sehen ist eine Leinwand mit Strukturanhäufungen aus PVC-Masse. Seit Mitte der 1950er Jahre experimentierte Hans Bischoffshausen mit Materialien, die er als zusätzliche Ebene auf den Bildgrund auftrug und danach noch teils mit den Fingern oder der Spachtel bearbeitete. Dabei verwendete er anfangs „arme Materialien“ wie Lack, Asphalt, Teer, Asche oder mit Bindemittel gemischten Sand. Wie das Ausgangsmaterial, hatte auch die Dynamik der Bearbeitung oft etwas Rohes, Archaisches an sich. Die Begegnung mit dem Werk von Antoni Tàpies war für diese Schaffensphase von großer Bedeutung (vgl. hierzu: A. Rohsmann: Hans Bischoffshausen. Struktur – Monochromie – Stille, S. 43).

Ab Ende der 1950er Jahre fand (auch unter dem Eindruck Lucio Fontanas) eine Reduktion des angewandten Formenvokabulars, die Beschränkung auf Monochromie sowie eine Rhythmisierung der aufgebrachten Strukturen statt. Zellzement und PVC-Masse erwiesen sich für diese Arbeitsweise, die mehr als ein Jahrzehnt prägen sollte, als die geeigneten Materialien. Bischoffshausen sprach von „Strukturforschungen“ und Askese. Die Kreuzblume ist ein Werk, das diese Übergangszeit und den Weg der Reduzierung definiert.

Neben den stilistischen Aspekten erzählt das Bild auch von den Lebensumständen Hans Bischoffshausens in Paris: die „Kreuzblume“ entstand in seiner Unterkunft in der „Glacière“, wo es aufgrund von Schmutz und Ruß nicht möglich war, wirklich weiße Bilder zu schaffen – was auch in diesem Fall sichtbar ist. Außerdem ist an der Rückseite des Werkes erkennbar, dass es sich nicht um eine gekaufte Leinwand handelt, sondern ursprünglich um einen Zuckersack, den Bischoffshausen aus Geldnot zu Arbeitsmaterial umfunktionierte. (Clara Kaufmann)